Von Mäusemelken bis Mausetanz
Maustastische Formulierungen
Wenn es um Sprichwörter und Redewendungen geht, dann liefert die Tierwelt Inspiration Ende nie. Referenzen zur Maus scheinen sich in der Sprachwelt besonderer Beliebtheit zu erfreuen. Aber warum ist ausgerechnet dieses kleine Nagetier so in aller Munde?
Sprichwörter und Redensarten begeistern die Menschen seit langer Zeit. Schon in der griechischen Antike beschäftigten sich Philosophen mit der Thematik, so auch Aristoteles. Er sah in Sprichwörtern einen Spiegel der Gesellschaft. Außerdem umschreiben Redewendungen komplexe Sachverhalte oft kurz und knackig. Damit helfen sie nicht nur, Dinge besser zu verstehen, sondern prägen zugleich den deutschen Sprachgebrauch. Tierische Verweise verzaubern dabei mit einem eigenen Charme. In diesem Blogbeitrag wird die Maus in der Sprachwelt etwas genauer unter die Lupe genommen.
Die Maus als Sprichwort-Spitzenreiterin
Die Maus ist heiß begehrt, wenn es um tierische Redewendungen und Sprichwörter geht. Die Vielfalt der maustastischen Formulierungen mag auch am ambivalenten Verhältnis von Menschen und Mäusen liegen. Denn in Redensarten steht die kleine Nagerin einmal für etwas Positives und einmal für etwas Negatives.
Ist etwas zum „Mäusemelken“, so ist es absolut hoffnungslos und treibt zur Verzweiflung. Denn es ist genauso unmöglich, wie eine kleine Maus zu melken. Wenn „mit Mann und Maus untergegangen wird“, dann gibt es keine Rettung. Die Metapher stammt aus der Schifffahrt und lässt Menschen und Mäuse dasselbe Schicksal teilen. Ist man „mucksmäuschenstill“, so ist man leise wie eine Maus. Und wenn man „Mäuschen spielt“, dann beobachtet man still und heimlich. „Mit Speck fängt man Mäuse“ wird sprichwörtlich dafür verwendet, jemanden mit attraktiven Angeboten für sich zu gewinnen. Bezahlen kann man diese Angebote schließlich auch mit „Mäusen“, also Geld. Ist man jedoch „arm wie eine Kirchenmaus“, dürfte das schwierig werden.
Von Katz und Maus
Mäuse und Katzen werden seit jeher als ewige Rivalen betrachtet und auch zu diesem bekannten Gegenpaar lassen sich unzählige sprachliche Ausdrücke finden.
Wird etwa „Wenn die Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse auf dem Tisch“ vernommen, so wird darauf hingewiesen, dass Situationen bei fehlender Aufsicht ausgenutzt werden, also, dass die Belegschaft macht, was sie will, wenn die Chef-Etage außer Haus ist. „Spielt man mit jemandem Katz und Maus“, so ist ein Hinhalten des Gegenübers gemeint oder auch, wenn man jemanden über eine – im Endeffekt oft negative – Entscheidung im Unwissen lässt. „Die Katze lässt das Mausen nicht“ geht von der Annahme aus, dass etwas wiederholt wird, wenn es schon einmal getan wurde. Und wer sich selbst „mausig macht, den fressen die Katzen“ schließlich.
Die Maus im Volksmund
Auch in Bauernregeln und Volksweisheiten findet sich die Maus wieder. So gilt sie etwa als Botschafterin des Wetters. Beispiele dafür sind: „Scharren die Mäuse sich tief hinein, so wird ein harter Winter sein“ und „Tummelt sich im November die Haselmaus, bleibt der Winter noch lange aus.“ Also: Augen auf, wenn man im Winter Mäuse sieht!
Ein österreichisches Sprichwort besagt außerdem: „Gertrud hört mit Spinnen auf, sonst läuft die Maus den Faden auf und beißt ihn ab.“ Die Heilige Gertrud von Nevilles ist heute als Schutzpatronin gegen Mäuse und Ratten bekannt. Der Legende nach ärgerte eine Maus die Heilige dadurch, dass sie wiederholt einen Faden beim Spinnen abbiss. Der 17. März zeigt im bäuerlichen Kalender den Beginn der Feldarbeit an und ist zugleich das Ende der winterlichen Spinn- und Webtätigkeit. Mit der Geschichte von der Heiligen und der Maus wird auf diesen Wechsel der Jahreszeiten verwiesen. „Da beißt die Maus keinen Faden ab“ ist jedoch ein mehrdeutiger Satz und bedeutet heute auch, dass eine Aussage bestätigt wird und es an ihrer Wahrhaftigkeit nichts zu rütteln gibt.
Von weißen Mäusen zu mausetot
In bestimmten Regionen wird die Maus sogar mit Todesgöttern assoziiert. In der griechischen Mythologie etwa werden die Kleintiere als todbringende Boten angesehen und mit Apollo in Verbindung gebracht. Denn dieser ist nämlich nicht nur Gott des Lichts, sondern auch ein Todesgott. Die graue Farbe der Maus wird zudem oft als Geisterfarbe empfunden. Als „graues Mäuschen“ wird aber umgangssprachlich auch eine unscheinbare und schüchterne Person bezeichnet.
Wenn man beginnt, „weiße Mäuse zu sehen“, dann ist dies eine Anspielung auf ein schweres Delirium und Wahnvorstellungen. Und kein gutes Zeichen. Denn es könnte zur Folge haben, dass man bald „mausetot“ ist. Wenn man „mausetot“ ist, dann ist man nicht nur ein bisschen, sondern ganz und gar tot. Der Ausdruck ist erstmals im 17. Jahrhundert belegt und schleicht sich im deutschsprachigen Raum ein Jahrhundert später in der Literatur ein. So findet man den Begriff etwa 1793 in Johann Wolfgang von Goethes Dramafragment „Die Aufgeregten“. Die Maus hat in Wahrheit jedoch wenig damit zu tun: Mit „mausetot“ handelt es sich vermutlich um eine Ableitung des niederdeutschen Wortes „mursdod“, das mit „ganz“ oder „völlig“ übersetzt werden kann.
„Aus die Maus!“ deutet schließlich auf ein Ende hin und ist ein passender Abschluss dieses Blogposts, der hoffentlich ein paar spannende Erkenntnisse über die Maus in der Sprache liefern durfte.
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