„Šlehtes dojč?“ – Dagegen kann man was tun, und zwar ohne Spott

Im Frühjahr 2025 hat die Journalistin Viktoria Graf in der Kronen Zeitung einen Beitrag verfasst, in dem es um sprachliche Fehler auf Wiener Märkten geht. Dort könne man Worte wie „Bonnen“, „Kardofel“, „Sellstange“ oder „Greyfurt“ lesen. Die Beweisbilder dazu durften natürlich nicht fehlen. Ein paar Tage darauf hat die Standard-Redakteurin Olivera Stajić eine Replik auf diesen Beitrag verfasst. Unter dem Titel „Šlehtes dojč? Wie lustig!“ beklagt sie das „Auslachen jener Menschen, die darin versagen, ‚Selleriestangen‘ richtig zu schreiben“ dies sei „ein peinlicher, erbärmlicher und die Gesellschaft spaltender Zugang“, so die Autorin.

Ja, nicht alles, was auf den ersten Blick lustig zu sein scheint, ist es auch tatsächlich. Ich glaube nicht, dass es die Absicht von Frau Graf war, sich über migrantisches Deutsch lustig zu machen. Der Text geht zurück auf die Zusendung eines Krone-Lesers und man hat das Thema aufgegriffen, weil … ja, warum eigentlich? Weil bald die Welt untergeht und uns niemand mehr davor warnen kann, weil wir uns nicht verstehen? Weil die Sprache sowieso und überhaupt immer schon den Bach runtergegangen ist? Oder weil es halt doch „irgendwie witzig“ ist, sich ein bisschen über die Fehler anderer lustig zu machen? Man meint’s ja schließlich eh nicht bös …

Das mag vielleicht stimmen. Aber oftmals sind es genau diese kleinen Verletzungen, das scheinbar nicht bös Gemeinte, das einen wirklich treffen kann, vor allem, wenn es um die Sprache geht. Sprache ist ganz einfach sehr eng mit uns als Menschen verbunden. Kritik an der Sprache wird oft zu Kritik am Menschen, und dafür muss man nicht einmal Fehler auf den Märkten bemühen. Das begegnet uns überall, auch unter Menschen mit deutscher Muttersprache.

Dass es von Vorteil ist, wenn Menschen sich sprachlich verstehen, ist nicht von der Hand zu weisen. Aber die Sprachpolizei leistet schon ganze Arbeit, wenn es darum geht, Defizite zu benennen, um daraus ein paar billige Lacher zu erzeugen. Man könnte aber auch dabei helfen, dass sich die Deutschkenntnisse verbessern, jeder und jede Einzelne kann dazu im Alltag beitragen: Wem es wichtig ist, dass „Bohnen“ richtig geschrieben ist, der kann es – freundlich! – erklären. Der Dank wird unmittelbar folgen, erst recht, wenn man ein paar Bohnen käuflich erwirbt.

Ich war vor 30 Jahren während der Jugoslawien-Kriege Lehrer für Deutsch als Fremdsprache und hatte viel mit geflüchteten Menschen aus dieser Region zu tun. Ich weiß, wie schwer die deutsche Sprache zu erlernen ist. Und ich weiß auch, wie sehr sich viele Menschen über kleine Hilfestellungen freuen. Einen Versuch ist es allemal wert.

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